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Sie sind uns nicht wurscht!

Mag. Anna Wall-Strasser, Abteilungsleiterin der Betriebsseelsorge im Bereich mensch & arbeit und Mag. Hans Putz, Referent für Pfarrgemeinderäte sprechen über das Thema Arbeitslosigkeit und zeigen wie Pfarrgemeinderäte damit umgehen.

Anna Wall-Strasser: „Das verringerte Einkommen bringt Lebensentwürfe ins Schwanken. Darüber redet aber niemand gern.“

Hans Putz: „Im Umgang mit arbeitslosen Menschen wird das Motto der PGR-Wahl ‚Wir gestalten Lebensräume‘ möglicherweise konkret.“
 


Wo ist Arbeitslosigkeit gegenwärtig spürbar?
WS: Der erste Zugang sind die eklatanten Zahlen. In der Region Braunau hat sich die Arbeitslosigkeit verdoppelt. Auch das Phänomen Kurzarbeit ist im Steigen begriffen. Es betrifft die Mitte der Arbeitsgesellschaft, vor allem Männer. Jetzt ist die Produktion betroffen, aber auch der Handel, die Dienstleistun-gen, die Versorgung werden nachrücken. Bei einem Besuch der Betriebsseelsorge Nettingsforf in einem Betrieb haben sie eine leere Betriebshalle gesehen und einen Getränkezulieferer für die Kantine, der ihnen erzählte, dass er früher dreimal in der Woche liefern musste, jetzt aber nur mehr 14-täglich kommt. Hier sieht man die Folgewirkungen. Viele fragen sich: Wird es auch mich treffen?

Was sind die nächsten Entwicklungen?
WS: Im Herbst 2009 werden sich die Folgewirkungen der verringerten Produktion zeigen, manches wird sich langsam beruhigen. Aber ein höherer Arbeitslosen-Sockel wird bleiben. Die Aussichten für Arbeits-lose sind schlechter, weil so viele suchen.
P: Einerseits lese ich die Zahlen in der Zeitung, andererseits fällt mir spontan kein Arbeitsloser ein. Das erscheint mir verdächtig – wo sind die arbeitslosen Menschen? Vieles sieht man und vieles sieht man nicht.
WS: Arbeitslose verschwinden. Obwohl so viele betroffen sind, sind sie als Einzelne betroffen – und ziehen sich zurück. Arbeitslosigkeit ist mit Scham behaftet und mit Versagen.
P: In der Kernschicht der Pfarren sind wir eher in der etablierten Gesellschaft.
WS: Der Anteil der Lehrer, Beamten, Selbstständigen, Landwirte, Kirchenangestellten ist bei den Pfarr-engagierten hoch. Die betrifft es unmittelbar noch nicht.

Ist Arbeitslosigkeit eine Milieufrage?
P: Ich finde es wichtig, Personen mit Nähe zu Arbeitern zu aktivieren und auf die Erfahrungen der Leute zu hören, sie bewusst wahrzunehmen.
WS: Jede/r lebt ja wo, hat eine Wohnumgebung, kauft wo ein. Mütter und Väter nehmen einander über die Kinder wahr. Wenn die Beziehungen über den Pfarrbezug hinaus angeschaut werden, wird die Arbeitslosigkeit vermutlich wahrnehmbar. Es braucht eine Sensibilität und das Nachfragen.
P: Als Pfarrgemeinde kann man das Milieu ausweiten, dass sich mehr Leute wohlfühlen als sonst üblich – eventuell über Veranstaltungen. Aber es muss glaubwürdig sein.

Was sind die vorrangigen Probleme arbeitsloser Menschen?
P: Männer, die in der Arbeit Lebens-orientierung gefunden haben, mit vielen Stunden, stehen vor der Frage: Was tue ich jetzt mit der vielen Zeit?
WS: Es ist aber auch ein finanzielles Problem. Das Arbeitslosengeld ist 55 Prozent Nettoersatz. Eine Wohnungsmiete für eine Familie ist nicht unter 750 Euro zu haben. Das verringerte Einkommen bringt Lebensentwürfe ins Schwanken. Darüber redet aber niemand gern.

Was kann ein PGR sinnvoll tun?
WS: Ich gehöre in meiner Wohnpfarre dem Fachausschuss Glaube und Arbeitswelt an. Wir achten darauf, dass das Thema im Gottesdienst präsent ist. Wir tragen das Thema auch in die Pfarrblatt-Redaktion oder gestalten eine Einheit im Pfarrgemeinderat.
P: Wenn der Gottesdienst die zentrale Versammlung der Gemeinde ist, müssen diese Themen präsent sein. Einen Anlass könnte der Erntedank bieten.
WS: Es ist gut zu schauen, was sich in der Pfarre tut, und erst dann eigene Initiativen zu überlegen, z. B. Arbeitslosigkeit im Pfarrblatt zum Thema zu machen. Die Arbeitslosenzahlen einer Gemeinde sind leicht im Gemeindeamt zu erfragen.
P: Damit setzt die Pfarre ein Signal: Arbeitslose Menschen sind uns nicht „wurscht“. Wenn wir uns mit ihnen beschäftigt haben, haben wir sie aus dem Graubereich herausgeholt und öffnen unser System.
WS: Gibt es vertrauenswürdige Gesprächspartner in der Pfarre: Pfarrer, PGR-Obfrau, Religionslehrerin? Trauen sie sich zu, als Gesprächspartner/innen hilfreich zu sein? Wenn ja, sind sie glaubwürdig?

Welche Fallen gibt es bei Initiativen des Pfarrgemeinderates?
WS: Ich denke, es ist gut, sich nicht zu gebärden, als würden wir die Probleme der Betroffenen lösen können, so einfach mit: „Wir hätten da was.“
P: Aber die andere Falle ist: Mir ist das zu heiß, ich tue besser gar nichts und überlasse das dem AMS, den Profis. Es ist wichtig, Arbeitslosigkeit erst einmal zum Thema zu machen und dann zu überlegen, was man tun kann. Kann der PGR gegen die Exklusion von arbeitslosen Menschen etwas bewirken?
P: Der PGR kann Exklusion ausschließen. Pfarren stellen sich gerne als heiles System dar, deutlich wird das bei Konflikten. Arbeitslos zu sein ist auf der Schattenseite. Die Frage ist: Wie sehr traut sich der PGR, auf das Nicht-Heile zu schauen – weil es von Gott heilbar gemacht ist?
WS: Arbeitslosigkeit kann auch PGRs treffen. Ich kenne ein PGR-Mitglied, das zweimal in seiner Firma den Konkurs und die Wiederaufnahme miterlebt hat. Der Mann war froh über die ehrenamtliche Tätigkeit, sie hat ihm geholfen. Bei den Langzeitarbeitslosen werden wir uns überhaupt etwas überlegen müssen, wie sie sich ehrenamtlich engagieren können. Menschen, die eingebunden sind, tun sich leichter.
P: Das gelingt am besten, wenn jemand bereits vorher in der Pfarre eingebunden war. Jetzt wird das Motto der PGR-Wahl „Wir gestalten Lebensräume“ möglicherweise konkret. Wir können wirksam werden lassen, was „Kirche um der Menschen willen“ heißen kann.
WS: Rezepte gibt’s nicht. Pfarrgemeinden können die Situation anschauen, Phantasie spielen lassen und dann die realen Möglichkeiten am Ort entwickeln. Es kann auch eine Aufgabe der Pfarre sein, auf einen anderen pastoralen Knotenpunkt hinzuweisen. Es ist schon viel erreicht, wenn wir vom persönlichen Makel Arbeitslosigkeit wegkommen. So meinte die Mutter eines 40-jährigen frisch Arbeitslosen als erste Reaktion: „Des derf ma jetzt oba neamd sogn.“ Da kann die Pfarre in der Meinungsbildung relevant sein.
Das Gespräch führte Beate Schlager-Stemmer

Schicksale von Arbeitslosen
„Als Mechatronik-Absolvent (Abschluss November 2008) habe ich erwartet, schnell einen Job zu finden. Dass ich jetzt noch arbeitslos bin, ist anstrengend und zeitweise enttäuschend für mich. Mir wurde eine Firmendissertation, das ist eine firmenfinanzierte Dreijahresanstellung an einem Institut der Universität, in Aussicht gestellt, doch die verbindliche Zusage steht noch aus. Wenn es damit nicht klappt, gehe ich in die Industrie, wobei es in den Sparten Automobilindustrie und Zulieferfirmen eher schlecht ausschaut.“
(Michael*, 27, Dipl. Ing. der Mechatronik, arbeitslos)

„Arbeitslos zu sein ist für mich vor allem ein finanzielles Problem. Das Geld, das mir zur Verfügung steht, reicht nicht aus. Ich komme immer mehr ins Minus. Von meinen drei Söhnen fängt einer eine Lehre an, zwei gehen noch in die Schule. Bei Bewerbungen muss ich die Betreuung meiner Kinder detailliert angeben. Das ist für mich ein Signal, dass Kinder zu haben für die Jobsuche ein Nachteil ist.“
(Sandra, 36, Alleinerzieherin, nach Wiedereinstieg nach Kinderpause erneut arbeitslos)

„Ich war meiner Firma jahrzehntelang treu, war für sie durch ganz Europa gereist und hatte nach dem Konkurs eine Nachfolgefirma geführt. Als diese Firma durch den Ankauf einer Treuhandfirma nach Thüringen verlegt wurde, ging ich nur als Berater mit und musste mich und meine Leute selber kündigen. Ich war mit 55 Jahren arbeitslos, hatte eine Firma geführt und musste mich nun in Bewerbungsgesprächen mit allgemeinen Sprüchen abspeisen lassen. Ich empfand das als eine Schmach. Meine Erfahrung war: Wenn du über 50 bist, will dich keiner mehr.“
(Helmut*, 68, Pensionist, wurde mit 55 arbeitslos)

*Namen von der Redaktion geändert

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