Freitag 19. September 2025

Pastoraltagung: "Es braucht mehr Liebe in der Arbeitswelt"

Der letzte Tag der Österreichischen Pastoraltagung, die von 11. bis 13. Jänner 2024 in Salzburg stattfand, war dem Führen und Arbeiten in der Kirche gewidmet. Zahlreiche Referent:innen aus Oberösterreich brachten Impulse bei der Tagung ein.

Die traditionell zu Jahresbeginn stattfindende Österreichische Pastoraltagung setzte sich heuer thematisch mit dem Verhältnis von Kirche und Wirtschaft auseinander. "Gutes Leben. Verantwortungsvolles Wirtschaften" lautet der Titel der renommierten Tagung vom 11. bis 13. Jänner 2024 im Salzburger Bildungszentrum St. Virgil, mit der die Veranstalter:innen - das Österreichische Pastoralinstitut (ÖPI) und die Österreichische Pastoralkommission - jedes Jahr bis zu 400 Interessierte aus dem ganzen deutschen Sprachraum anlocken.

 

Eröffnet wurde die Tagung am 11. Jänner vom zuständigen Referatsbischof Josef Marketz (Diözese Gurk-Klagenfurt). Erster Referent war der neue Direktor des Instituts für Höhere Studien Wien, Holger Bonin, mit einem Vortrag über Grundlagen der Wirtschaft. Weitere Impulse gaben am ersten Tag der Grazer Wirtschaftsethiker Prof. Bernhard Ungericht ("Schöpfungsverantwortung macht eine andere Wirtschaft notwendig"), der tschechische Ökonom Tomas Sedlacek ("Ökonomie von Gut und Böse - Welche ethischen Werte liegen der modernen Wirtschaft zugrunde?") und die Linzer Theologin Katja Winkler von der KU Linz ("Diese Wirtschaft tötet - Positionen der katholischen Sozialverkündigung in der Diskussion").

 

Winkler machte in ihrem Vortrag auf die kapitalismuskritische Tradition der Katholischen Soziallehre unter dem von Papst Franziskus in "Evangelii gaudium" (2014) formulierten Wort "Diese Wirtschaft tötet" aufmerksam. Die inhaltlichen Leitlinien reichten dabei von einem auch Sorge-Arbeit umfassenden Wirtschaftsbegriff; Wertschätzung von Arbeit und Pochen auf gerechten Lohn; Solidarität als vom Gemeinwesen zu erbringende Rechtspflicht sowie das Gemeinwohl als sozialethisches Herzstück, das Vorrang vor Einzel- oder Gruppeninteressen haben müsse. Zu Letzterem sprach sich Winkler für eine Weiterentwicklung in Richtung Selbstbestimmung des Individuums aus, denn das Hochhalten des Gemeinwohls suggeriere: Wir wissen, was für dich/euch gut ist.

Das Pontifikat von Franziskus sieht die Theologin nicht auf individuelle Verhaltensänderung ausgerichtet, sondern auf systemische Veränderungen in Gesellschaft und Kirche. Der Papst aus Argentinien biete eine neue Sicht auf Exklusion: Menschen "an den Rändern" würden nicht nur hintangestellt, sondern faktisch "unsichtbar" gemacht. Kritisch merkte Winkler in Richtung Franziskus an, dessen Soziallehre umfasse wenig Vorschläge, wie Alternativen zu einer "tötenden" Wirtschaft aussehen könnten.

Am 12. Jänner richtete sich der Blick auf die Kirche selbst als Unternehmerin, Arbeitgeberin und Seelsorgerin. Dazu kamen zunächst der Finanzkammerdirektor der Diözese Innsbruck, Rainer Kirchmair, sowie die Pastoraltheologin Veronika Prüller-Jagenteufel zu Wort. In einer Podiumsdiskussion werden "Wirtschaftsbischof" Alois Schwarz (St. Pölten), die oberösterreichische Theologin Birgit Feldbauer-Durstmüller, der Pastoraltheologe Wolfgang Müller, der Wirtschaftsdirektor des Stiftes Admont, Franz Pichler, der Jugend- und Lebensweltforscher Matthias Rohrer sowie die Vorsitzende der "Katholischen Arbeitnehmer:innen-Bewegung Österreich", Anna Wall-Strasser, Impulse setzen. Am Nachmittag standen Beiträge zur Pastoral für Dienstnehmer:innen (Michaela Pröstler-Zopf, Diözese Linz) und Unternehmer:innen (Stefanie Oeben) auf dem Programm.

"Ich als Führungskraft - Ich als Mitarbeiter:in" lautete der Titel des abschließenden Halbtages am 13. Jänner mit Ausführungen des Personalmanagement-Experten der Uni Wien, Wolfgang Mayrhofer, und des Rektors des Innsbrucker Jesuitenkollegs, P. Christian Marte: Letzterer brachte als "zusätzliche Perspektive" praktische Hinweise für jesuitisch-christlich inspiriertes Arbeiten und Leiten ein. Den Schlusspunkt setzte eine Diskussion nach Statements von "Teach for Austria"-Gründer Walter Emberger ("Personalmanagement aus der Sicht des Unternehmers"), Edeltraud Addy-Papelitzky, in der Diözese Linz für Personal und Qualitätssicherung verantwortlich, sowie Verena Traunmüller von der "Creative Region Linz" ("Was junge Erwachsene von der Arbeitswelt erwarten").

Die zahlreichen Workshops im Rahmen der Pastoraltagung widmeten sich teils brisanten Themen wie der Zukunft des Kirchenbeitrags, der seelsorglichen Begleitung bei Betriebsschließungen oder dem zwischen Realität und Menschlichkeit angesiedelten "klassischen Führungsdilemma". Spirituelle und kulturelle Impulse, unter anderem vom Kabarett-Duo Lainer & Aigner, ergänzten das Programm.

 

Pastoraltagung 2024 in Salzburg

Die diesjährige Pastoraltagung stand unter dem Thema "Gutes Leben. Verantwortungsvolles Wirtschaften". © MIG-Pictures e.U. / Michaela Greil

 

 

Führen und Arbeiten in der Kirche

 

Liebe und Sinngebung sind wichtige Qualitäten bei der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - in der Kirche ebenso wie in der Wirtschaft. Das hat Wolfgang Mayrhofer, Leiter des Interdisziplinären Instituts für verhaltenswissenschaftlich orientiertes Management, in seinem Vortrag bei der Österreichischen Pastoraltagung unter dem Titel "Gutes Leben. Verantwortungsvolles Wirtschaften" unterstrichen. Der an der WU Wien lehrende Experte sagte am Samstag im Salzburger Bildungszentrum St. Virgil, die in der Ökonomie geltenden Ansprüche auf Effizienz, Nützlichkeit, auch die anspornende Unzufriedenheit mit dem Status quo brauche Ergänzung: "Es braucht mehr Liebe in der Arbeitswelt", im Sinne von Annahme, Verständnis, Vertrauen und Zutrauen.

 

Auch zeige sich bei internationalen Studien, dass für neun von zehn Befragten - und besonders für junge - sinnvolles Tun ein wichtiges Element ihrer Arbeitszufriedenheit ist. Menschen würden ihre Arbeit auch danach beurteilen, ob sie geeignet ist, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wies Mayrhofer hin. Die Kirche habe hier mit ihrer aus dem vermeintlichen Desaster der Kreuzigung Jesu erwachsene Erlösungsbotschaft eine enorm starke Ausgangsposition. Deren Sprengkraft dürften sich kirchliche Mitarbeiter nicht von permanenter Krisendiagnostik benebeln lassen, so der Wirtschaftsexperte.

 

Mayrhofer hob auch den erzielbaren Gewinn durch gemeinsame Leitung hervor. Führungskräfte sollten agieren wie Dirigenten, die selbst keinen Ton hervorbringen, die aber ihr Orchester zu Höchstleistungen anspornen sollen. Die Erwartung von exzellenter Leistung und Motivation dazu im Sinne von "Wir wollen das richtig gut machen!" sei ebenso wichtig. Der im kirchlichen Dienst stehenden Zuhörerschaft gab Mayrhofer auf den Weg: "Führung ist etwas, das man mit Begeisterung gemeinsam angehen kann."

 

Jesus, Neuanfang, Großzügigkeit

 

Praktische Hinweise zu einem christlich-inspirierten Arbeiten und Leiten gab im letzten Vortrag der Pastoraltagung der Rektor des Innsbrucker Jesuitenkollegs, P. Christian Marte. Er empfahl einen dreifachen Fokus - auf Jesus, Neuanfang und Großzügigkeit. Der Blick auf Jesus ermutige zum Tun nach dessen Vorbild, zum Heilen, Teilen, Befreien und Feiern; und auch zu für Führungskräfte ungewöhnliche Interventionen wie die Fußwaschung an den Jüngern - also das Einnehmen einer Perspektive, "die andere groß macht", wie Marte sagte. Neuanfang komme sowohl in der Auferstehung als auch in Sakramenten wie Taufe, Buße, Ehe oder Weihe zum Ausdruck und schütze vor der Festlegung auf dem Bisherigen. Großzügigkeit schließlich entspreche einem ebenso agierenden Gott und öffne Spielräume, die für andere genützt werden können.

 

Allen Tagungsteilnehmenden gab Marte eine kleine Sanduhr mit - als Symbol für notwendige und sinnvolle Unterbrechung des allzu Alltäglichen.

 

Kirche und Achten auf das "rechte Maß"

 

In vergangenen Jahrhunderten nutzten die Menschen die Kirche in besonderer Weise, um sich auf den rund um die Domkirchen angesiedelten Märkten vor Übervorteilung zu schützen: An den Außenmauern der Gotteshäuser waren Schablonen für Brot in zwei Größen sowie auch ein Längenmaß zur Messung von Waren befestigt. Österreichs "Wirtschaftsbischof" Alois Schwarz (St. Pölten) wünscht sich, dass dies auch heute noch gelten würde: Die Kirche sichere "das rechte Maß" beim Wirtschaften, wie er bei der Pastoraltagung im Rahmen einer Podiumsdiskussion über "Kirche in der Spannung zwischen Ressourcenmanagement, Dienstleistung und biblischem Auftrag" sagte.

 

Zugleich stellte der mit vielen Unternehmern - u. a. im Forum Christlicher Führungskräfte - in Kontakt stehende Bischof der heimischen Ökonomie ein gutes Zeugnis aus: Gerade von Familien geführte Klein- und Mittelbetriebe würden nicht nur auf ökonomischen Erfolg, sondern davor noch auf das Befinden ihrer Mitarbeiter achten, so Schwarz. Auch in Bezug auf Nachhaltigkeit habe er viel von Wirtschaftstreibenden gelernt, versicherte der in der Bischofskonferenz auch für Umweltagenden zuständige Bischof.

 

Gegen pauschales "Wirtschafts-Bashing" und für das Hochhalten des Leistungsgedankens in der Gesellschaft sprach sich Franz Pichler, Wirtschaftsdirektor im Stift Admont, aus. Dieser bedeutende Arbeitgeber in der Obersteiermark folge dem Anspruch der benediktinischen Ordensregel, Besitz und Ressourcen nachhaltig einzusetzen. Dies sei auch bei den allermeisten "weltlichen" Unternehmen der Fall, mit denen das Stift kooperiere, so Pichler: "Es gibt kaum Benkos in der Wirtschaft." Von den Regeln des Wettbewerbs könne sich das Stift Admont nicht entkoppeln, wohl aber Werte umsetzen.

 

Nie nur "Dienst nach Vorschrift"

 

Dass kirchliche Angestellte nie nur "Dienst nach Vorschrift" machen, betonte Anna Wall-Strasser, Vorsitzende der "Katholischen Arbeitnehmer:innen-Bewegung Österreich" (KABÖ). Die Kirche als Arbeitgeberin habe für sie eine große Verantwortung; bedauerlich sei, dass die Diözesen mit Kollektivvertrag für ihre Angestellten in Österreich in der Minderheit seien. Im Kontrast zu vorhandenen Berührungsängsten mit der Gewerkschaft plädierte die KABÖ-Vorsitzende wie auch Wolfgang Müller, Referent für Pastorale Grundsatzfragen in der Erzdiözese Salzburg, für Kooperationen mit der Zivilgesellschaft. Laut Müller sollte die Kirche dabei jedem "Sozialdarwinismus" Widerstand entgegensetzen. Mit der Linzer Theologin und langjährigen Uni-Professorin für Controlling, Birgit Feldbauer-Durstmüller, war er sich darin einig, dass die jetzige Sozialgestalt der Kirche unweigerlich zu Ende geht. Feldbauer-Durstmüller, die auch Frauenbeauftragte der Diözese Linz ist, rief aber dazu auf, die Krise auch als Chance zu sehen. In der Wirtschaft seien Pleiten darauf zurückzuführen, dass man an Überkommenem hänge bzw. zu wenig Innovationskraft vorhanden ist.

 

Am Freitagnachmittag informierten Michaela Pröstler-Zopf, Leiterin des Fachbereichs "Arbeitswelten und Begegnungsräume" in der Diözese Linz, und Stefanie Oeben, Leiterin des Fachbereichs Führungskräfte in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, über seelsorgliche Initiativen für Dienstnehmer bzw. für Unternehmerinnen und Unternehmer.

 

 

Österreichische Pastoraltagung

 

Die Österreichische Pastoraltagung gilt seit 1931 als Fixpunkt in der kirchlichen Erwachsenenbildung. Die diesbezüglich größte Tagung auf Bundesebene widmet sich jeweils zu Beginn des Jahres einem aktuellen seelsorglichen Thema und hat den Anspruch, dass aus Grundsatzüberlegungen praktisch umsetzbare pastorale Impulse entstehen. Mehrere hundert Fachleute aus Seelsorge, Religionspädagogik u.a. kirchlichen Diensten aus dem In- und Ausland nehmen alljährlich daran teil. Der Arbeitstitel der Pastoraltagung im Jänner 2025 lautet "Als Christi:in Gesellschaft und Demokratie mitgestalten".

 

Info: www.pastoral.at/pastoraltagung

 

Kathpress

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